AG Mannheim (Az.: 10 C 2400/24): Gericht verpflichtet Versicherung zur Kostenübernahme im Geburtsschadenfall
In einem aktuellen Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 2. Oktober 2024 wurde entschieden, dass die Versicherung verpflichtet ist, der Klägerin Deckungsschutz für die außergerichtliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen ein Klinikum zu gewähren. Die Klägerin, die von unserer Kanzlei vertreten wurde, forderte Schmerzensgeld in Höhe von 67.500 Euro sowie die Feststellung der Haftung für zukünftige materielle Schäden in Höhe von 20.000 Euro. Hintergrund des Verfahrens war ein Behandlungsschaden während der Geburt ihres Sohnes im September 2021, bei dem ihr das Medikament Cytotec verabreicht wurde, was zu Komplikationen führte.
Der Hintergrund des Falls
Die Klägerin begab sich zur Geburt ihres Sohnes in ein Klinikum, wo ihr zur Einleitung der Wehen das Medikament Cytotec verabreicht wurde. Dies führte zu einer komplizierten Geburt mit einem Dammriss und erheblichen psychischen sowie physischen Beeinträchtigungen für die Klägerin. Aufgrund dieser Beeinträchtigungen verlangte sie von der Klinik Schmerzensgeld und die Übernahme zukünftiger Kosten für mögliche Therapien und Behandlungen, die aus den Geburtsschäden resultieren könnten.
Die Rolle der Rechtsschutzversicherung
Die Klägerin bat ihre Rechtsschutzversicherung um Übernahme der Kosten für die außergerichtliche Verfolgung der Schadensersatzansprüche gegen das Klinikum. Die Versicherung lehnte die Deckung zunächst mit der Begründung ab, dass keine ausreichenden Erfolgsaussichten für die außergerichtliche Geltendmachung der Ansprüche bestünden und nicht alle notwendigen Unterlagen vorgelegt worden seien. Die Klägerin legte jedoch alle erforderlichen Dokumente, einschließlich eines Stichentscheids, vor, der die Erfolgsaussichten positiv bewertete.
Entscheidungsgründe des Gerichts
Das Gericht entschied, dass die Versicherung zur Übernahme der Kosten verpflichtet ist, da die erforderlichen Erfolgsaussichten für die außergerichtliche Geltendmachung der Ansprüche gegeben sind. Wesentliche Gründe für diese Entscheidung waren:
- Erfolgsaussichten durch Stichentscheid: Der von der Klägerin eingeholte Stichentscheid kam zu dem Schluss, dass die Erfolgsaussichten für die außergerichtliche Geltendmachung der Ansprüche ausreichend sind. Die Versicherung konnte dieses Ergebnis nicht überzeugend widerlegen.
- Fehlende formale Ablehnung: Das Gericht stellte fest, dass die Ablehnung der Deckung durch die Versicherung formell nicht den Anforderungen entsprach, da das Ablehnungsschreiben nicht korrekt unterzeichnet war. Dies führte dazu, dass die Versicherung ihren Einwand gegen die Erfolgsaussichten nicht aufrechterhalten konnte.
- Fälligkeit der Ansprüche: Die Ansprüche der Klägerin auf Deckungsschutz waren fällig, da alle notwendigen Unterlagen eingereicht wurden und die Ablehnung der Versicherung unbegründet war.
Fazit: Bedeutung für Versicherungsnehmer
Dieses Urteil stärkt die Position von Versicherungsnehmern, die auf den Schutz ihrer Rechtsschutzversicherung angewiesen sind. Es zeigt, dass eine Versicherung sich nicht pauschal auf fehlende Erfolgsaussichten berufen kann, wenn ein Stichentscheid positiv ausfällt und die notwendigen Dokumente ordnungsgemäß eingereicht werden. Zudem betont das Urteil die Bedeutung formeller Korrektheit bei der Ablehnung von Versicherungsleistungen. Für Betroffene von Behandlungsfehlern oder medizinischen Komplikationen ist dies ein wichtiger Sieg, der zeigt, dass der Weg zur außergerichtlichen Einigung durch den Rechtsschutz geebnet werden kann.
Wenn auch Sie Schwierigkeiten mit Ihrer Rechtsschutzversicherung haben oder eine ähnliche Schadensersatzforderung außergerichtlich durchsetzen möchten, steht Ihnen unsere Kanzlei mit umfassender Expertise zur Seite. Kontaktieren Sie uns für eine Erstberatung.